In der Ausstellung „La vie en rose“  bewahrt Peer Christian Stuwe uns vor der Gefahr, eine Farbe als unschön, oder nicht für die Kunst geeignet, abzulehnen.  Mit einer Panzersperre vor dem Museum schützt er uns tatkräftig vor einer Attacke aus dem Westen.  Das Kriegsgerät malte er allerdings rosa an, und hebt die Assoziationen auf, die wir mit diesen brutalen, kreuzförmigen Stahlteilen haben.  Das geschieht nicht, um Krieg zu verschönern oder gar zu verherrlichen, vielleicht auch nicht, um ihn zu verachten, aber um zu verdeutlichen, dass Farbe eng mit unseren Vorstellungen zusammenhängt, und dass Farbe selbst diese vorgefassten Vorstellungen verdeutlichen kann.  Vor gut zehn Jahren, als Teile der Fassade der Liesborner Abtei bei einer Sanierung mit dem ursprünglichen Pastellgrün angestrichen wurde, das der Abt im 18. Jahrhundert ausgewählt hatte, waren wir alle überrascht, eigentlich schockiert, denn Mintgrün entsprach nicht unserer Vorstellung einer Abtei  –  dunkles, dezentes Anröchtersandsteingrün wohl, aber nicht Mintgrün.

Stuwe platziert ganz bewusst eine pink farbige Panzersperre vor der mintgrünen Abtei.  Dieser Eingriff setzt einen Kernaspekt Stuwes Arbeit einfach fort:  Aus dem Unerwarteten, Kunst zu schaffen, die dann selbstverständlich wirkt.   Der Malgrund für die Wellpappe-Bilder stammt tatsächlich aus dem Altpapiercontainer.  Ehe sie Skulpturen wurden, lagen die rostigen Stahlteile wirklich auf dem Schrottplatz.  Stuwe lenkt unsere Augen, um uns eine weitere Ästhetik zu zeigen.  Es gibt viele neue Beispiele davon in Stuwes Arbeiten, aber ich möchte mich doch auf dieses Pink konzentrieren.  Ich weiß nicht, ob wir nachher mit Edith Piaf sagen können: „Je voix la vie en rose“, aber wir sehen Rosa, und zwar anders.  In unseren Gesprächen über diese Arbeiten  haben Stuwe und ich erkannt, dass Rosa fast eine Unfarbe für die Kunst ist, aber nicht in der Natur.  Wir haben gerade in der Natur im April eine Orgie von Pinkblüten erlebt, und niemand sagte:  „Oh, der Kirschbaum ist Kitsch!“

Stuwe demonstriert jedoch selbst in der Arbeit „Weichgespült“ (Abb. …), dass Pink keine einheitliche Farbe ist.  Es kommt doch auf den angemessen Einsatz durch den Künstler an.  Stuwe verwendet das richtige Rosa, um Metallteile zu bemalen, so dass sie sichtbar Metall bleiben, aber ihr fast organisches Leben offenbaren.  Er wagte sich auch an den Corpus Christi – gefährlich, da es sich um ein mit Inhalt vollgepacktes Motiv handelt.  Wir sehen zwei Corpora Christi, beide Abgüsse eines etwa 100 Jahr alten  hölzernen Wegekreuzes, das stark vermodert war.  Eine Jesusfigur ist Bronze, grün patiniert, und die zweite Aluminium, pink angemalt.  Natürlich sind Kruzifixe aus Bronze normal, und sie werden grün, aber sie vermodern nicht.  Wir sehen, dass alles einmal Holz war.  Pink ist nicht eine Farbe, die wir mit dem Gekreuzigten verbinden.  Blutrot, ja, Rosa nicht.  Trotzdem lässt uns das Pink das milde Gesicht des Heilands in der originalen Holzfigur deutlicher erkennen.  Stuwe beschießt uns mit Gegensätzen, genau wie der Panzer aus dem Westen die Abtei beschießen würde.  Nun, meine Damen und Herren, brauchen wir keine Angst zu haben, wir werden unser Leben nicht verlieren, aber vielleicht unsere Vorurteile.